Interdisziplinäre Teams

Interdisziplinäre Teams

7. Juni 2024 0 Von Madita Hänsch

Aus „Bildung 4.0 – Eine Vision für den systemischen Wandel„, von Madita Hänsch

Schauen wir uns ein typisches deutsches Unternehmen an, zum Beispiel aus der Industrie. Ein solches Unternehmen besteht in der Regel aus folgenden Abteilungen (Haustechnik und Reinigung sind im folgenden ausgeklammert):

  • Personalmanagement und Personalentwicklung
  • Finanzen
  • Vertrieb
  • Einkauf
  • Qualitätsmanagement
  • Projektmanagement
  • Engineering / Entwicklung / Konstruktion
  • operativer Bereich (z.B. Montage oder Softwareentwicklung)
  • Geschäftsführung
  • Management
  • IT-Administration

Schauen wir uns im Gegenzug dazu eine typische deutsche Kita oder Schule an, besteht diese in der Regel aus zwei “Abteilungen”, der Verwaltung und den pädagogischen Fachkräften bzw. Lehrkräften. Dabei haben diese Bildungshäuser in der Regel mehr Aufgaben zu bewältigen, als Schüler:innenakten zu verwalten und Unterricht umzusetzen. Wer übernimmt also all diese Aufgaben?

Schulen verfügen in der Regel über ein Sekretariat, das die Leitungen unterstützt. Kitas haben selten ein Sekretariat. 

Weitere Aufgaben wie Arbeitssicherheit, Brandschutzhelfer, usw. werden ebenfalls Lehrkräften bzw. pädagogischen Fachkräften zugeteilt (es ist auch in Unternehmen nicht unüblich, dass diese Aufgaben zusätzlich von Mitarbeitenden übernommen werden, denen dafür Arbeitszeit eingeräumt wird).

Um Leitung einer Kita oder Schule zu werden, reicht in der frühkindlichen Bildung ein Bachelor (bzw. Diplom) in der Pädagogik oder Erziehungswissenschaft. Um Leitung einer Schule zu werden, steigt in der Regel eine Lehrkraft durch eine Zusatzqualifikation auf. 

Mit diesem Vergleich möchte ich verdeutlichen: Während in den meisten Unternehmen ab einer gewissen Größe eigene Abteilungen für die verschiedenen Aufgabenbereiche gebildet werden, um der anfallenden Arbeit gerecht zu werden, ist es in Bildungshäusern üblich, diese zusätzlichen Aufgaben dem vorhandenen Personal aufzubürden – Lehrkräften und pädagogischen Fachkräften, die für diese zusätzlichen Aufgaben nicht zwingend zusätzlich qualifiziert sind.

Die Aufgaben der IT-Administration der Hard- und Software ist das bekannteste Beispiel im Diskurs um den Mangel an zusätzlichem Fachpersonal in Bildungshäusern. Jede Schule verfügt über “den armen Tropf”, der zufällig aus privaten Gründen eine gewisse Affinität zu Computern hatte, und deshalb, mit Eröffnung der ersten Computerräume, fortan die “IT-Fachkraft” der Schule (oder Kita) war. 

Um bei diesem Beispiel zu bleiben, schauen wir uns die übliche Stellenbeschreibung einer IT-Fachkraft an (erstellt mit ChatGPT 3.5): 

Position: IT-Fachkraft

Arbeitszeit: Vollzeit

Verantwortlichkeiten:

  • Betreuung und Wartung der IT-Infrastruktur, einschließlich Server, Netzwerke und Systeme
  • Identifikation, Analyse und Behebung von Hard- und Softwareproblemen
  • Installation, Konfiguration und Aktualisierung von Software und Betriebssystemen
  • Sicherstellung der Datensicherheit und Umsetzung von Datenschutzrichtlinien
  • Unterstützung der Anwender bei IT-bezogenen Anfragen und Schulung bei Bedarf
  • Aktive Mitarbeit in IT-Projekten zur Weiterentwicklung der IT-Landschaft

Anforderungen:

  • Abgeschlossene Ausbildung / Studium im Bereich Informatik, Wirtschaftsinformatik oder vergleichbare Qualifikation
  • Mehrjährige Berufserfahrung in der IT-Branche
  • Fundierte Kenntnisse in der Administration von Windows- und / oder Linux-Systemen
  • Erfahrung mit Virtualisierungstechnologien (z.B. VMware)
  • Gute Kenntnisse in Netzwerktechnologien und Sicherheitskonzepten
  • Teamfähigkeit, eigenverantwortliche Arbeitsweise und hohe Serviceorientierung

Schauen wir uns zum Vergleich an, wie Kitas und Schulen in Finnland zusätzlich zu den Lehrkräften bzw. pädagogischen Fachkräften personell aufgestellt sind: 

In early childhood education and care (ECEC) and pre-primary education practical children’s nurses working in ECEC centres participate in care and educational duties together with ECEC teachers and other staff. In addition, ECEC centres have kitchen personnel responsible for catering.
In basic education and upper secondary education and training special needs assistants may be employed by a local authority, a school, or a special class for one or more pupils with severe disabilities. The nature, duties and operational priorities of individual special needs assistants vary according to their assignments.

Student welfare officers, in turn, help pupils with problems relating to growth and development or difficulties at school. Typical situations requiring a student welfare officer’s attention include truancy, bullying and problems caused by changing schools or classes. School psychologists deal with learning and adjustment problems at schools. Their duties are divided between treatment and prevention of problems and provision of consultancy for teachers. Psychologists contribute to charting and improving the circumstances of individual pupils experiencing school-related and interpersonal difficulties in co-operation with teachers, parents and pupils themselves. Most school psychologists work for multiple schools.

According to the legislation, each local authority is required to maintain school health care services. For this purpose, schools have school public health nurses and school doctors. School doctors are usually available on certain days each week or month.

School secretaries deal with office duties relating to school operations. Their job description may also include different tasks related to pupil welfare services and staff administration.

The duties of study advisors working at vocational institutions include providing information on education and training and producing related publications, participating in the organisation of student admission procedures and preparing study affairs for decision-making bodies, carrying out different types of surveys and setting up initiatives, providing advice for international students, etc.Workplace instructors are employees in enterprises, who are responsible for the students completing their compulsory six-month on-the-job learning period in vocational upper secondary education and training.
Staff who provide assistance to the teaching staff and students include, for example, IT support specialists, librarians and school attendants.  IT specialists often work part-time at schools. They are responsible for the functionality and safety of IT equipment and web-based operations. School librarians are responsible for running the school library. School attendants or caretakers look after the order and tidiness of school areas and facilities. In many cases, their duties also include simple property maintenance and repairs. Schools also have personnel responsible for cleaning and catering.

Other education staff or staff working with schools (europa.eu) [27.01.2024] – Die Hervorhebungen wurden nachträglich hinzugefügt.

Der Appell zur Aufstockung des Personals an Bildungshäusern richtet sich an die dafür zuständigen Länder und privaten Träger. 

Die betroffenen Kitas und Schulen können derweil ggf. ihre Spielräume nutzen und lokal vorhandene gemeinnützige Organisationen und Stiftungen sowie freiwillige Helfer:innen und Ehrenamtliche um Unterstützung bitten. Ansonsten ist der Handlungs- und Wirkungsraum für das einzelne Bildungshaus leider gering und die Länder und privaten Träger, die die Budgets für Stellen zur Verfügung stellen, dringend gefordert.

Das vollständige Buch ist kostenlos hier abrufbar: https://docs.google.com/document/d/15bTj8qyzC0HLpzr6ETigBSrhdXqIsEUIkW0uQKB5z8w/edit?usp=sharing